„Wechseljahrsbeschwerden? Da habe ich nichts mit zu tun – zum Glück! Allerdings tut mir seit einiger Zeit die Schulter so weh…und das rechte Knie auch hin und wieder…“
Erwischt?! Hitzewallungen, veränderte Regelblutung, Gefühlschaos… das alles bringen wir mit Wechseljahren und hormoneller Umstellung in Verbindung. Dass Gelenkschmerzen auch auf hormonelle Veränderungen zurückzuführen sein können, haben wir oft nicht auf dem Schirm. Das geht nicht nur medizinischen Laien so. Dabei sind sie ein Hauptsymptom der Wechseljahre und kommen statistisch gesehen sogar häufiger vor als die typischen Hitzewallungen.

Symptome und Auswirkungen
Die Auswirkungen von hormoneller Umstellung auf den Bewegungsapparat sind zahlreich. Einige Frauen klagen über diffuse Gelenkschmerzen, die mal dieses, mal jenes Gelenk betreffen. Andere leiden vor allem nach dem Aufstehen unter Schmerzen und benötigen etwas Zeit, um in die Gänge zu kommen und sich schmerzfrei bewegen zu können.
Das sogenannte Frozen Shoulder Syndrom tritt besonders häufig bei Frauen in den Wechseljahren auf (übrigens sind Japanerinnen besonders häufig betroffen- warum ist unklar). Bei dieser sehr schmerzhaften Erkrankung kommt zu einer Entzündung des Schultergelenks und zunehmender Bewegungseinschränkung bis hin zu einer regelrechten Unbeweglichkeit – Einfrieren – des Gelenks. Zum Glück ist diese Einschränkung in der Regel reversibel – wie lange es aber dauert, bis das Gelenk sich wieder regeneriert hat, ist sehr unterschiedlich. Im Schnitt dauert es 18 Monate.
Rheumatische Gelenkerkrankungen betreffen Frauen 3x häufiger als Männer und treten meist zwischen dem 40. -60. Lebensjahr erstmals auf. Die schmerzhafte Entzündung und Schwellung beginnt oft an den Fingergelenken und betrifft fast immer beide Seiten, tritt also symmetrisch auf. Die rheumatoide Arthritis kommt familiär gehäuft vor. Ein Zusammenhang mit hormonellen Veränderungen in den Wechseljahren scheint ebenfalls eine Rolle zu spielen.
Arthrose – Gelenkverschleiß – galt lange als unvermeidliche Alterserscheinung. Neuere Forschungen zeigen, dass Entzündungen eine Rolle spielen. Hauptakteure sind hier die Makrophagen im Synovialgewebe, der Gelenkinnenhaut. Liegt eine chronisch stille Entzündung vor, die den ganzen Körper befällt, kann sich das Gleichgewicht der Immunzellen im Gelenk verändern und die Gelenkinnenhaut schädigen, im Verlauf auch den Knorpel und Knochen.
Viele Zusammenhänge sind noch nicht hinreichend geklärt und erforscht. Einig ist man sich, dass auch die sinkenden Östrogenspiegel einen entscheidenden Einfluss auf die Gesundheit von Knochen, Gelenken, Sehnen und Muskulatur haben.
Wie wirkt Östrogen auf den Bewegungsapparat?
Östrogenrezeptoren befinden sich auf allen Gelenken, Knorpel, Bändern. Besonders Knorpel ist unter Östrogen belastbarer. Zum einen spielt Östrogen eine Rolle im Wasserhaushalt – wer unter PMS mit Ödemen leidet, weiß wovon die Rede ist. Damit der Gelenkknorpel gut versorgt werden kann, muss ausreichend Gelenkflüssigkeit gebildet werden. Denn Knorpel wird nicht durchblutet, sondern erhält die nötigen Nährstoffe über die Gelenkschmiere.
Zum anderen fördert Östrogen die Kollagensynthese. Kollagenfasern stärken das Bindegewebe, zu dem auch Knochen und Knorpel gehören und machen Bänder elastischer. Auch die Bandscheiben profitieren von Kollagen.
Östrogen hat stark entzündungshemmende Wirkung. Es schützt z.B. vor Entzündung, indem es den Entzündungsstoff TNF-a hemmt. TNF-a ist in der Lage Muskelproteine abzubauen und reduziert die Möglichkeit von Muskulatur, sich vor Schädigung zu schützen.
Außerdem führt der Östrogen-Abfall
- zum Abbau des Gelenkknorpels. Dies kann zu Steifigkeit, Schmerz und Entzündungen der Schleimbeutel führen.
- zum Verlust von Knochendichte, was zu Osteoporose führen kann. Das Risiko für Knochenbrüche ist besonders postmenopausal besonders erhöht.
Osteoporose alleine kann schon Gelenkschmerzen verursachen oder verschlimmern. - zur Gewichtszunahme, die wiederum das Bewegungsmuster bzw. die körperliche Aktivität verändert – eine zusätzliche Belastung für Hüft-und Kniegelenke.
- zur Senkung der allgemeinen Schmerzgrenze, da Östrogene schmerzdämpfende Endorphine freisetzen.
- zum Verlust von Muskulatur. Die Muskeln stärken und schützen die Gelenke. Ein Verlust an Muskulatur geht nicht nur mit einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität einher, sie erhöht überdies das Risiko von Stürzen – keine gute Kombi, wenn man zusätzlich unter Osteoporose leidet.

Wie können wir uns schützen und unsere Gesundheit erhalten?
Wie wir es auch drehen und wenden: mit den Wechseljahren nimmt die Konzentration der Sexualhormone ab.
Natürlich ist es naheliegend über eine Hormonersatz Therapie (kurz HET) die fehlenden Hormone auszugleichen. Es gibt immer mehr Erfahrungen in diesem Bereich und Studien belegen den Nutzen der HET vor allem im Hinblick auf das Osteoporose- und Herzinfarkt Risiko.
Für viele Frauen kommt ein Hormonersatz aus unterschiedlichen Gründen nicht in Frage. Einige leiden an Erkrankungen, die eine Hormontherapie von vorne herein ausschließen, wie erhöhtes Thrombose- und Embolie Risiko, Lebererkrankungen, frühere Brustkrebsdiagnose… andere fürchten die Nebenwirkungen oder möchten in den natürlichen Lauf des Lebens nicht derart drastisch eingreifen.
Zum Glück gibt es auch andere Möglichkeiten sich gesund zu halten und gut für sich zu sorgen!
Hormonregulation
Um das bisschen an Hormon, dass uns nach der Menopause noch bleibt, sollten wir uns kümmern und es ein wenig päppeln. Es gibt aus der Pflanzenheilkunde einige Präparate, die hormonähnlich am Rezeptor wirken – sogenannte Phytoöstrogene. Solange noch ein Zyklus besteht, wird besonders die Einnahme von Yamswurzel in der 2. Zyklushälfte empfohlen. Bei Gelenkschmerzen nach der Menopause sind Präparate mit Cimicifuga oder Rhapontik-Rhabarber besser geeignet.
Bei hoher Stressbelastung wird die Produktion von Sexualhormonen zugunsten von Cortisol zurückgefahren- das nennt man Progesteron-Stealing. Vor diesem Hintergrund gewinnt ein gutes Stressmanagement natürlich an Bedeutung. Besonders wenn Sexualhormone ohnehin Mangelware werden, haben wir nichts zu verschenken! Aus meiner Sicht ist ein gutes Stressmanagement das A und O. Aus dem Neuroathletik Training gibt es verschiedene Techniken mit denen der Vagus -Nerv stimuliert werden kann. Das vermittelt dem Gehirn Ruhe, Entspannung und Sicherheit. Auf welche der Techniken man am besten reagiert, kann man über ein 1:1 Training herausfinden, um es dann für sich in den Alltag zu integrieren. Eine Person reagiert gut auf Atmung, eine andere profitiert von einem Bauchgurt oder von der Reduktion von Reizen z.B. durch Ohrstöpsel. Das ist sehr individuell, lässt sich aber einfach testen und anwenden.
Auch ein Achtsamkeitskurs, Meditation, ein Spaziergang an der frischen Luft kann Entspannung bringen. Egal was, Hauptsache raus aus der Stressspirale! Denn chronischer Stress stört nicht nur das Hormonsystem, sondern fördert auch Entzündungen!! Stress ist einfach GIFT!
Auf eine gute Versorgung mit Mikronährstoffen sollte man natürlich immer achten. Ohne Baustoffe kann der Körper keine Hormone bilden.
Auch die Leber spielt eine zentrale Rolle. Sie bildet Cholesterin – der Stoff aus dem Hormone gebildet werden. Und sie entgiftet und verstoffwechselt Hormon-Abbaustoffe, sogenannte Metaboliten. Wer seiner Leber etwas Gutes tun möchte, meidet Giftstoffe, insbesondere Alkohol. Darüber hinaus liebt die Leber bittere Lebensmittel wie Endiviensalat, Artischocke, Chicorée. Wer da nicht drauf steht, kann auch auf Bittertropfen oder Tee zurückgreifen.
Im Internet findet man zahlreiche Anleitungen für Leberwickel. Sie sind sehr angenehm und steigern die Durchblutung des Organs. Besonders empfehlenswert finde ich die Anwendung mit Schafgarben Tee. Überdies bietet die Therapeutische Frauenmassage die Möglichkeit, die Leber speziell anzuregen – entweder im Rahmen einer Massage in der Praxis oder auch als Übung für die Selbstanwendung.
Mein persönlicher Allrounder für die Hormonregulation ist zyklusorientiertes Fasten. Aus meiner Sicht und Erfahrung ein sehr wirkungsvolles Tool, um die Sexualhormone zu unterstützen, Insulinresistenz zu vermeiden und die Gesundheit zu erhalten. Mehr dazu gibt´s im Januar – versprochen!!

Spezielle Behandlung der Gelenkbeschwerden
Zur Linderung von Schmerzen und Verbesserung der Durchblutung kann man auf spezielle Salben, Ölmischungen und Cremes zurückgreifen. Inhaltsstoffe wie Johanniskraut, Arnika, Beinwell, Weihrauch können Entzündungen und Schmerzen lindern.
Insbesondere bei entzündlichen Erkrankungen am Bewegungsapparat können Pflanzen in Kapsel-, Tropfenform oder als Tee zum Einsatz kommen. Bewährt hat sich besonders Weihrauch, Kurkuma oder Teufelskralle – sie wirken anti-entzündlich. Es gibt aber auch noch viele andere Einzel- oder Kombipräparate, die gut für eine kurmäßige Anwendung geeignet sind.
Omega-3-Fettsäuren spielen eine wichtige Rolle in der entzündungshemmenden Ernährung. Sie tragen dazu bei, die Produktion von Entzündungsmediatoren zu reduzieren, die bei rheumatischen Erkrankungen eine zentrale Rolle spielen. In einer Studie konnten Rheuma Patienten ihre Beschwerden um rund 80% reduzieren, indem sie über drei Monate eine optimale und Omega-3-Fettsäuren-reiche Ernährung einhielten. Eine weitere Studie konnte Erfolge im Sinne einer Schmerzreduktion bei Arthrose Patienten verzeichnen. Diese Patientengruppe nahm neben Omega 3 Fettsäuren zusätzlich noch Glucosamin ein – ein Aminozucker, der physiologisch im Bindegewebe vorkommt. Fetter Seefisch und Algen sind reich an Omega 3 Fettsäuren, ebenso Walnüsse und Olivenöl.
In der Therapie von Gelenkerkrankungen haben sich neben Glucosamin ebenfalls die Behandlung mit Hyaluronsäure (zur Verbesserung der Elastizität der Gelenkschmiere), Kollagen (als Baustoff für Knorpelgewebe), MSM oder Methionin (entzündungshemmend, schmerzlindernd und reperaturfördernd) bewährt.
Ohne Bewegung geht es nicht! Damit Knochen, Bänder und Gelenke gut mit Nährstoffen versorgt und Stoffwechselprodukte entsorgt werden können, brauchen sie Bewegung – und zwar bestenfalls ihren vollen Bewegungsumfang.
Bewegung ist sowohl in der Prophylaxe als auch in der Therapie nicht verhandelbar.
Natürlich ist es wichtig, nicht in eine schmerzhafte Bewegung hinein zu trainieren. Das Gehirn wird auf Dauer lernen, dass die Bewegung schmerzhaft ist. Da es darauf ausgelegt ist, ständig Prognosen zu erstellen, wird es in Bezug auf die Bewegung dauerhaft Schmerz signalisieren. Diese Schmerzkaskade kann im Rahmen von Neuroathletik Training unterbrochen werden, in dem man über individuelle Übungen schmerzfreie Bewegungen herstellt und wiederholt. So ist es möglich, das Gehirn umzutrainieren.
Je nach Beschwerden ist es sinnvoll, erstmal mit moderater Bewegung und Übungen zu starten, die die Gelenke schonen. Yoga, Tai-Chi, Gymnastik, Schwimmen oder Rad fahren sind gut geeignet, um in Bewegung zu kommen. Isometrisches Krafttraining, bei denen der Muskel angespannt und die Spannung gehalten wird, eignen sich für den Anfang sehr gut.
Zur Prophylaxe hat sich besonders Krafttraining bewährt. Zum einen wirkt es dem Muskelabbau entgegen, so dass die Knochen und Gelenke auf ein starkes Gerüst zurückgreifen können. Zum anderen sorgt der Reiz, den die zusätzlichen Gewichte ausüben dafür, dass die Knochendichte zunimmt. Ein doppelter Effekt im Kampf gegen Osteoporose. Für Frauen scheint es sinnvoller zu sein, mit etwas mehr Gewicht und dafür mit weniger Wiederholungen zu trainieren – die Muskulatur soll durch diese Art Training tendenziell effektiver aufgebaut werden. Mittlerweile gibt es immer mehr Trainer, die auch den Zyklus der Frau berücksichtigen. Eine sehr sinnvolle Entwicklung, denn Frauen funktionieren anders und sollten auch anders trainieren als Männer.
Bei allen Empfehlungen gilt: es sollte dir Spaß machen! Eine Sportart, die dir überhaupt nicht liegt, wirst du nicht lange durchhalten. Probiere dich aus, versuche neue Dinge – welche Sportart wolltest du schon immer mal machen?
In meiner Praxis messe ich zu Beginn einer Therapie die Vitamin D Versorgung. Selbst in den Sommermonaten sind die wenigsten ausreichend versorgt. Dabei spielt Vitamin D eine wichtige Rolle, wenn es darum geht die Knochen mit Calcium zu versorgen. Stabile Knochen benötigen außerdem Magnesium – ein Mineralstoff, der an über 300 Stoffwechselprozessen beteiligt ist und den wir in stressigen Zeiten stark verbrauchen. Getreide, Nüsse, Kakao enthalten größere Mengen Magnesium. Käse, Blattspinat, Brokkoli oder Joghurt können die Versorgung mit Calcium unterstützen. Über Lebertran, fetten Fisch und Eier kann man etwas Vitamin D zu sich nehmen. Die Aufnahme über die Haut nimmt mit dem Alter leider ab, die wenigsten Menschen gehen im Sommer noch ohne Sonnenschutz aus dem Haus. Daher kann es sinnvoll sein, Vitamin D zu supplementieren.
Da sowohl beim Frozen Shoulder Syndrom, bei rheumatischer Arthritis und nach neueren Erkenntnissen sogar bei Arthrose Entzündungen eine große Rolle spielen, ist es absolut sinnvoll auf eine anti-entzündliche Ernährung zu achten. Dazu gehört zunächst einmal alle entzündungsfördernden Lebensmittel aus dem Speiseplan zu streichen. Zucker (auch alternative Süßungsmittel wie Agavendicksaft), sämtliche Fertigprodukte, Wurst, Alkohol, Milchprodukte und ungesättigte Fette wie Sonnenblumen-, Raps- oder Maiskeimöl sollten gemieden werden. Stattdessen kommt ganz viel frisches Gemüse auf den Tisch! Fisch, reichlich gesättigte Fettsäuren, hin und wieder ein Stück Fleisch – am besten aus Bio-Haltung. Obst sollte auch eher in Maßen genossen werden. An der schon lange als gesund geltenden Mediterranen Ernährung kann man sich gut orientieren.

Wann zum Arzt?
Bei starken und anhaltenden Schmerzen in einem oder mehreren Gelenken empfehle ich einen Termin bei einem Orthopäden zu machen. Ein MRT oder Röntgenbild kann helfen, strukturelle Schädigungen an Knochen und Gelenken auszuschließen bzw. einzuschätzen. Denn unbehandelt können Schädigungen am Bewegungsapparat zu starken, zum Teil irreversiblen Schäden führen.
Oftmals korreliert die Stärke der Schmerzen nicht mit dem Grad der Schädigung oder umgekehrt. Manche Menschen haben krasse Verschleißerscheinungen in Gelenken ohne dabei Schmerzen zu empfinden. Wird man mit der Aussage „Alles in Ordnung!“ entlassen und leidet trotzdem unter Schmerzen, kann es hilfreich sein im Rahmen von Neuroathletik Training dem Gehirn fehlende Informationen zu liefern, so dass es Situationen wieder als sicher einstufen kann und nicht länger mit Schmerz auf vermeintliche Unsicherheit reagieren muss.
Fazit
Du musst dich nicht damit abfinden, dass deine Gelenke schmerzen, Bewegungen nicht mehr ausführbar sind, deine allgemeine Lebensqualität abnimmt. Oft spielen stille Entzündungen oder Hormonmangel eine Rolle. Auf jeden Fall können wir Einfluss nehmen, um noch viele Jahre ein aktives und schmerzfreies Leben zu führen!
Go for it!!💪