Du gehst abends hundemüde ins Bett und dann… kommen die Gedanken: habe ich noch genug Brot für die Schulbrote? Wie meinte meine Freundin das eigentlich als sie sagte…? Und wie erkläre ich der Chefin, dass…?!
Oder du fällst wie tot ins Bett und schläfst, kaum dass dein Kopf das Kopfkissen berührt?! Mitten in der Nacht oder am frühen Morgen ist es dann vorbei – das Gedankenkarussel startet und die Nacht ist vorbei!
Der Effekt ist derselbe: du bist müde und gerädert. Eine Zeitlang mag das einigermaßen gut gehen, aber auf Dauer reagiert dein Körper auf den Schlafentzug. Die Regenerationsfähigkeit deines Körpers ist deutlich reduziert. Entzündungsfaktoren werden ausgeschüttet, es kommt zu Infekten und chronisch stillen Entzündungen, Insulinresistenz, Depressionen, Hormonstörungen, Demenz…
Erfahre in meinem Artikel
- wieso Schlaf nicht verhandelbar ist, wenn du deine Gesundheit schützen möchtest.
- was deinen Schlaf stört.
- wie du dir zu besserem Schlaf verhelfen kannst.
Was passiert, wenn du nicht ausreichend schläfst?!
In den Tiefschlafphasen (den Non REM-Phasen) finden tiefe Reinigungsmaßnahmen im Gehirn statt. Über das glymphatische System werden Giftstoffe, körpereigene Abfallprodukte und Zellreste abtransportiert. Wird nicht genug Zeit im Tiefschlaf verbracht, können diese Prozesse nicht stattfinden. Es fällt zunehmend „Müll“ an, der dann zwischengelagert wird, um keinen größeren Schaden im Körper anzurichten. Leider ist dieses Zwischenlager das Fettgewebe – ein Grund dafür, warum es unter chronischem Schlafmangel beinahe unmöglich ist, Gewicht zu reduzieren. Dieses ungünstige Fettgewebe führt über dies zu weiteren Entzündungen.
Der fehlende Abtransport dieser Giftstoffe und toter Zellen führt ebenfalls zu entzündlichen Prozessen im Gehirn. Das erhöht einerseits das Risiko an Demenz zu erkranken und andererseits kann die chronische Entzündung sich auf den Körper ausweiten.
Entzündung, Entzündung, Entzündung – und es ist noch nicht vorbei!
Die erhöhte Entzündungslage im Körper und die vermehrte Ausschüttung von Entzündungsfaktoren mündet irgendwann in einer Insulinresistenz. Um Zucker in die Zellen zu schleusen, benötigen wir das in der Bauchspeicheldrüse produzierte Hormon Insulin. Durch verschieden Faktoren (genetische, Bewegungsmangel, Fehlernährung, Medikamente, Stress und eben auch Entzündung) wird die Empfindlichkeit der Zellen herabgesetzt, sie reagieren immer weniger auf Insulin. Daraufhin produziert die Bauchspeicheldrüse immer größere Mengen Insulin, bis sie irgendwann an ihre Leistungsgrenze stößt und nicht mehr genug zur Verfügung stellen kann. Die Folge ist, dass der Zucker nicht in die Zelle kommt, wo er zur Energiegewinnung benötigt wird, sondern im Blut verbleibt. Und damit reden wir dann von Diabetes mellitus Typ 2.
Dass Schlafmangel in letzter Konsequenz in einem Diabetes mündet, klingt jetzt erstmal sehr drastisch. Tatsache bleibt, dass diese Prozesse stattfinden und das Risiko für chronisch stille Entzündungen – eine häufige Ursache unserer Zivilisationskrankheiten – begünstigen.
Schlafstörungen nehmen auch Einfluss auf das Hormonsystem. Bei Männern geht der Testosteronspiegel bei Schlafmangel stark zurück. Bei Frauen sinkt der Progesteronspiegel in der 2. Zyklushälfte. Da Progesteron wiederum den Schlaf fördert, beruhigend aufs Nervensystem wirkt und auch Entzündungen reduziert, kann man sich vorstellen, dass das bei ohnehin bestehenden Schlafstörungen nicht besonders förderlich ist.
Zu Beginn der Wechseljahre sinkt der Progesteronspiegel physiologisch – also ganz natürlich – durch fehlende Eisprünge ab. Das ist auch der Grund dafür, dass Schlafstörungen manchmal erst mit Anfang oder Mitte 40 eintreten.
Melatonin
Wenn wir über Schlaf sprechen, kommen wir an Melatonin nicht vorbei. Es wird in der Zirbeldrüse gebildet, wenn es dunkel ist. Melatonin ist zum einen nötig zum Einschlafen und Durchschlafen in der ersten Nachthälfte, es wirkt außerdem als wichtiges Antioxidans, hat erheblichen Einfluss aufs Immunsystem und ist der Gegenspieler des Cortisols – was eine wichtige Rolle bei Stressreaktionen spielt. Im Übrigen fördert ein Melatonin Mangel und hohe Cortisolspiegel Entzündungsreaktionen – womit wir wieder beim Thema wären! Im Alter nimmt die Produktion von Melatonin ab.
Um Melatonin bilden zu können, braucht der Körper verschiedene Nährstoffe und Aminosäuren.
Magnesium lässt sich vielleicht noch einfach supplementieren. Bei Serotonin und SAMe müssen wir etwas genauer hinschauen.
Serotonin ist ein Neurotransmitter und die Vorstufe von Melatonin. Fehlen die Bausteine für Serotonin können wir erstens kein Melatonin bilden und zweitens besteht die Gefahr an einer Depression zu erkranken – Serotonin macht nämlich glücklich, gelassen, optimistisch! „Et hätt noch immer joot jejange“!
Serotonin benötigt wiederum verschiedene B-Vitamine, Vitamin C, Eisen und Magnesium, die Aminosäure Tryptohan und einen gesunden Darm.
SAMe wird aus der Aminosäure Methionin gebildet, die vor allem in Fleisch und Fisch enthalten ist.
GABA
GABA (Gamma Amino-Butter Säure) ist der Neurotransmitter, der in der zweiten Hälfte der Nacht für das Durchschlafen verantwortlich ist. Wer regelmäßig ab 2 Uhr nachts wach liegt, schnell aus der Haut fährt oder sich überreizt fühlt, leidet wahrscheinlich an einem GABA-Mangel. Das Hormon Progesteron ist unter anderem dafür zuständig, wie gut GABA an den Rezeptoren der Zelle andocken kann. Fehlt Progesteron, kann auch GABA nicht seine volle Wirkung entfalten und die Frauen leiden zusätzlich zu ihrer PMS-Symptomatik unter Schlafstörungen, Unruhe und Ängstlichkeit.
Schlaf ist nicht verhandelbar!
Genug Biochemie! Ich hoffe, es ist klar geworden, wie unfassbar wichtig ausreichend Schlaf ist!!! Wieviel jeder einzelne Mensch benötigt, ist natürlich individuell unterschiedlich – nicht alle brauchen 8 Stunden. Die meisten liegen zwischen 6,5 und 9 Stunden. Einen Hinweis bekommst du, wenn du mal ausprobierst, wie lange du schlafen kannst, ohne dass dir der Wecker oder ein munteres Kind dazwischenkommt.
Was stört den Schlaf?
Alkohol! Man schläft vielleicht gut, schnell und entspannt ein, im Verlauf der Nacht wirkt sich Alkohol aber negativ aus – unruhiger Schlaf und häufige Unterbrechungen sind die Folge. Alkohol wirkt übrigens auf den GABA-Rezeptor und stört den REM-Schlaf.
Ein besserer Schlummertrunk wäre in jedem Fall z.B. ein Tee aus Zitronenmelisse oder Ashwagandha. Auch die klassische heiße Milch mit Honig funktioniert erstaunlich gut – auch wenn es sich durch die geringen Mengen an Tryptophan in der Milch vielleicht nicht zu 100% erklären lässt: it works!
Künstliche Lichtquellen! Wie bereits erwähnt, wird Melatonin nur bei Dunkelheit gebildet. Kerzenlicht Romantik ist dem abendlichen Serienmarathon also unbedingt vorzuziehen! Und bei nächtlichem Erwachen noch ein wenig durchs Internet zu streifen mag verlockend, aber keinesfalls hilfreich sein!
Sport am Abend?! Kommt drauf an! Frühaufsteher vom Schlaftyp Lerche kann eine abendliche Sporteinheit eher um den Schlaf bringen als nachtaktive Eulen – zumindest deuten Studien daraufhin. Ansonsten gilt, je härter das Training, desto mehr Abstand (3-4 Stunden) sollte man zum Zu-Bett-gehen einhalten. Gegen moderate Sporteinheiten, wie beispielsweise Yoga vor dem Schlafen gehen, lässt sich nichts einwenden. Auspowern scheint eher was für den Morgen zu sein!
Nächtliche Atemaussetzer!! Die sogenannte Schlafapnoe beeinträchtigt den Schlaf massiv. Ohne dass der oder die Betroffene es unbedingt mitbekommen muss, kommt es zu ständigen Unterbrechungen des Schlafs. Die mangelnde Sauerstoffversorgung löst einen Alarm im Atemzentrum des Gehirns aus und es kommt zum Erwachen.
Stress, akute oder chronische Erkrankungen, Drogen, nächtliche Störungen… all das stört natürlich ebenfalls den Schlaf.
Was verhilft zu ausreichend gutem Schlaf?
Zunächst mal: nimmst du dir genug Zeit zum Schlafen? Wenn morgens um 6.30h der Wecker klingelt ist die Zeit hinten raus schonmal limitiert. Wenn du aber 8 Stunden schlafen musst, um erholt deinen Alltag zu rocken, solltest du entsprechend früh im Bett liegen (und Schlafen!)
Alle 90 Minuten endet ein Schlafzyklus und ein neuer Schlafzyklus beginnt. Es ist sinnvoll für ein gutes Aufstehen und Befinden am Tag, einen Schlafzyklus komplett zu beenden. Die meisten Menschen kommen mit 4-5 Zyklen gut hin. Wenn du also um 6.30h aufstehen musst und vorher 5 Zyklen schlafen möchtest, solltest du versuchen um 23.00h zu schlafen (Tipp: rechne noch 30min fürs Einschlafen oben drauf = 22.30h im Bett liegen).
Atemübung zum Einschlafen: Es gibt eine ganze Reihe von Atemübungen, die das Nervensystem runterfahren, von Stress zu Entspannung schalten und helfen können in den Schlaf zu finden. Bewusste Atmung, Box-Breathing, Wechselatmung oder 4-7-8… im Internet findest du reichlich Anleitungen und kannst die passende Übung für dich aussuchen.
Auch Progressive Muskelentspannung, Yin Yoga, Meditation oder Traumreisen können helfen. Wenn dich Stress vom Einschlafen abhält, können Entspannungsübungen genau das Richtige für dich sein.
Den Schlummertrunk haben wir bereits besprochen. Ansonsten empfiehlt es sich, nicht zu spät zu Abend zu essen. Der gesamte Verdauungstrakt ist stark gefordert, wenn er abends noch mit einer reichhaltigen Mahlzeit kämpfen muss. Auch die Leber braucht in der Nacht Zeit für Regeneration und Reparaturarbeiten.
Melatonin-Spray?! Das direkte Zuführen von Melatonin scheint zu funktionieren. Wie sinnvoll das ist, bleibt aus meiner Sicht fragwürdig. Auf Dauer halte ich es für cleverer an den Ursachen zu arbeiten und funktionierende Strategien zu entwickeln. Melatonin zuführen ist aus meiner Sicht wie Pflaster kleben: im Akutfall nützlich, auf Dauer nicht geeignet.
Übrigens zeigen Studien, dass Nackt-Schlafen sich positiv auf die Melatonin Produktion auswirkt!
Mouth taping. Ob es tatsächlich positive Auswirkungen auf den Schlaf hat, sich den Mund in der Nacht mit Klebeband zu zukleben, ist wissenschaftlich noch nicht erwiesen. Was man weiß ist, dass Nasenatmung der Atmung durch den Mund unbedingt vorzuziehen ist. Die Atemluft wird gefiltert, erwärmt und mit Stickstoffmonoxid angereichert. Das verbessert die Aufnahme von Sauerstoff in der Lunge, reguliert den Blutdruck und fördert die Durchblutung. Für einen gesunden Menschen dürfte Mouth taping allerdings auch keine Gefahr darstellen – bevor man keine Luft mehr bekommt, sorgt eine Gefahrenmeldung im Gehirn für das Erwachen.
Ich hoffe, ich konnte dir hilfreiche Erkenntnisse liefern, wie du deinen Schlaf verbessern kannst. Wenn du darüber hinaus Hilfe benötigst, melde dich gerne über das Kontaktformular .was
Quellen:
Kyra Kauffmann, Sascha Kauffmann: Natürlich high, Systemed Verlag, München 2021
Dr. Simone Koch, Das 4-Wochen-Anti-Entzündungsprogramm,